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Eine eigene Ratingagentur für Europa – eine gute Idee?

Es geht schon seit einigen Monaten so, dass die Europäer am Murren sind wegen der großen drei US-Ratingagenturen, die immer wieder mit Herabstufungen der Kreditwürdigkeit drohen und diese auch umsetzen. Kein Wunder, dass dann schon einmal der Wunsch aufkommt, eine eigene Ratingagentur zu gründen. Eigentlich ist so etwas auch durchaus wohl begrüßenswert, schon alleine aus Gründen des Wettbewerbs, aber niemand kann zum jetzigen Zeitpunkt sagen, ob dies auch zu den erwünschten besseren Bewertungen führen wird. Da es aber die US-Ratingagenturen gibt hatten viele wenigstens die Möglichkeit, die Schuld abzuwälzen für die Finanzkrise. Dennoch hört man in ganz Europa des öfteren den Ruf nach dieser europäischen Ratingagentur.

Sicherlich klingt das in der Politik recht gut, aber das heißt noch lange nicht, dass es auch in der Realität wirklich funktionieren wird. So wie es momentan aussieht, ist das Interesse seitens der Politik hier eindeutig größer als seitens des Marktes. Dies zeigt das Konzept der Unternehmensberatung Roland Berger, das als eines der wohl vielversprechendsten eingestuft wird. Zudem hat sie auch noch die stärkste Unterstützung öffentlich als alternative Agentur. Zudem ist es noch ein Konzept, das ein Stiftungsmodell bietet, eine transparente Bewertung und sogar eine unabhängige Finanzierung. Allerdings ist von den Banken und den Versicherungen bisher nicht viel zu erwarten außer Worten.

Begrüßenswert wäre es aus der Sicht des Wettbewerbs auf jeden Fall, wenn man die Macht der drei großen US-Ratingagenturen Fitch, Moody´s und auch Standard & Poor´s schmälern könnte, und wenn dann auch einmal andere Agenturen herankämen. Diese drei Ratingagenturen stehen zu Recht in der gesamten Kritik, denn durch die ungerechtfertigten und auch euphorischen Bewertungen von verschiedenen Risikopapieren ihrerseits wurde die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 noch verschärft, und auch bei den Folgen der Pleite von Lehman war es nicht anders. Dazu kommt dann noch der Interessenkonflikt, der dadurch zustande kommt, dass diese Agenturen sehr oft von denjenigen Unternehmen auch bezahlt wurden, von denen sie die Produkte bewerteten.

Dennoch muss man sagen, dass es auch bei den Ratingagenturen einen gewissen Lerneffekt aus diesen Fehlern gegeben hat. Die Herabstufungen der Euro-Staaten erfolgte ja teilweise schon fast hektisch, und das hatte natürlich einen Grund. Man wollte sich kein zweites Mal vorwerfen lassen, dass man einfach viel zu spät die Risiken erkannt habe und somit auch zu spät vor ihnen gewarnt habe.

Auf den Finanzmärkten scheint es wohl so zu sein, dass sie sich längst mit der Macht am Markt von diesen drei Agenturen abgefunden haben. Bei den Investoren, den Banken und auch den Versicherungen sieht es momentan wohl so aus, dass sie den Nutzen, den sie aus der Förderung einer europäischen neuen Ratingagentur hätten, noch nicht wirklich erkannt haben. Klar ist nur, dass sich die Investitionen für den Start erst in einigen Jahren auszahlen würden. Zudem ist es noch absolut unbewiesen, dass ein mehr an Ratingagenturen auch dazu führt, dass es ein besseres Bewertungssystem geben wird.

Sicherlich regt sich die Politik immer auf, wenn ein Land wieder einmal auf das Ramsch-Niveau herabgestuft wird, wie dies bei Portugal, Griechenland oder auch Irland der Fall ist. Zwar war diese Bewertung immer zunächst daran Schuld, dass sich die Lage im Schuldenland noch mehr verstärkte, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass diese Länder wirklich kurz vor der Pleite stehen.

Wenn es wirklich das Interesse ist, die Macht dieses sogenannten Oligopols zu brechen, dann ist es sicherlich auch an der Politik, die Rahmenbedingungen zu erleichtern, die für neue Ratingagenturen gelten. Dies könnte etwa durch das Rotationssystem passieren, das von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde. Wer sich aber auch ständig über die Macht dieser Ratingagenturen beschwert, sollte auch nicht jedes Mal gleich mit einem Gipfel der EU reagieren, wenn nur ein kleiner Pieps aus den Büros der Agenturen kommt.

 

Bildquelle: Gerd Altmann  / pixelio.de

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