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Arme Italiener fahren Ferrari – aber sie verdienen nur ein paar Euro

Sicherlich gibt es auch hierzulande Steuerhinterzieher, aber die Art und Weise, wie die Italiener ihre Steuerhinterziehungen betreiben, ist an Dreistigkeit schon manchmal gar nicht mehr zu überbieten. Es kommt des öfteren vor, dass Menschen in Ferraris und Porsches umherfahren, dazu haben sie noch recht noble Ferienhäuser, aber lediglich ein Einkommen von 30.000 Euro vorzuweisen. Dass hier etwas nicht stimmen kann, sollte jedem klar sein. Die Italiener nehmen es hier nicht so eng, denn in Italien ist Steuerbetrug wirklich noch ein Kavaliersdelikt.

Unter der Regierung Berlusconi gab es für die ganzen Steuersünder im Land nicht wirklich Konsequenzen zu befürchten, Mario Monti, neuer Ministerpräsident Italiens, greift da ganz anders durch. Um das Land aus den Schulden zu bringen, will er neben den Kürzungen beim Straßenbau und auch gestrichenen Subventionen auch dort sehr hart durchgreifen, wo dem Staat jede Menge Geld verloren geht, und das sind die Steuern. Monti sagte vor dem italienischen Parlament, dass das Land auf jeden Fall zur Rechtsstaatlichkeit zurückfinden müsse.

Einen kleinen Vorgeschmack dessen, was sie noch erwarten wird, bekamen die Italiener bereits vor einigen Tagen, als etwa achtzig Finanzbeamte in den Nobelskiort Cortina d´Ampezzo einfielen. Das Ziel der Beamten war, die Vermögenswerte zu kontrollieren und so Steuerbetrüger zu finden. Die Fahnder suchten in sehr vielen Luxusboutiquen, sie besuchten die Edel-Restaurants des Ortes, und auf den Straßen hielten sie Ausschau nach großen Nobelkarossen, die Minimum 100.000 Euro gekostet haben.

Das Ergebnis war schon sehr überraschend. Man fand bei dieser Aktion 42 Besitzer solcher edlen Karossen die angaben, dass sie höchstens 30.000 Euro im Jahr verdienten. Geprüft wurden 251 Besitzer. Zudem waren auch noch mehr als 50 von diesen edlen Fahrzeugen auf Firmen angemeldet die, wen wundert es, natürlich in den letzten zwei Jahren nur Verluste gemacht haben, oder lediglich mäßige Einnahmen vorlegen konnten.

Auch in den Geschäften und den ganzen Restaurants des Ortes zeigte diese Aktion eine recht große Wirkung. Die „Corriere della Sera“ berichtet hier, dass sich die Rechnungen, die ordnungsgemäß ausgestellt wurden, in den ganzen Lokalen sich bisher um bis zu 300 Prozent erhöht haben. Bei den Boutiquen stieg die Anzahl sogar um gute 400 Prozent an.

Diese Fahndung war aber erst der Anfang, die Italiener müssen sich noch auf viel mehr einstellen. Monti will die Italiener dazu zwingen, dass sie ihre Steuern immer ordnungsgemäß abführen, und zwar mittels einem „redittometro“. Dies ist eine Art von Messgerät für die Einkommen der Menschen. Dazu gibt es noch die Hilfe von einem Computerprogramm namens Serpico. Dieses vergleicht Steuererklärungen und Bankkonten. Es macht auch die Besitzer von teuren Autos oder auch Yachten ausfindig, und dann prüft es deren Einkommen.

In Italien gilt der Steuerbetrug wirklich als Kavaliersdelikt. Wenn hier einmal jemand auffliegt, dann wird er höchstens noch ausgelacht, weil er so dumm war, sich überhaupt erwischen zu lassen.

Einige Italiener gehen hier wirklich recht dreist vor. Einige Beispiele gab die „Corriere della Sera“ bekannt. Da ist zum einen ein Gemüsehändler, der aus Bari stammt. Er hatte vergessen, seine Mieteinnahmen anzugeben, die er für seine Strandhäuser von den Feriengästen bekam. Der Besitzer einer Bar aus Bologna liebt Nobelkarossen wie von BMW und auch Mercedes. Das ist ja auch nicht weiter schlimm, wenn er nicht gleichzeitig auch noch vom Staat Beihilfen kassieren würde für Kleinunternehmer. Diese bekam er, weil die Kundschaft in seiner Kneipe angeblich vertrieben wird durch das Rauchverbot.

An Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten ist die Posse, die ein Ehepaar aufzog, das aus der Nähe von Venedig stammt. Sie gaben ihr Einkommen für das Jahr 2010 wirklich mit etwa sechs Euro an. Verdient haben sie in dem Jahr allerdings ein Minimum von 65 Millionen Euro, denn diesen Preis erreichten sie, weil sie ein Luxusanwesen direkt am Meer verkauften. Allerdings war die gesamte Immobilie in der gemachten Steuererklärung gar nicht zu finden.

Immer wieder fündig werden die Steuerfahnder auch an den Stränden Italiens. Hier gibt fast die Hälfte aller Hoteliers, Barbesitzer oder auch der Vermieter von Liegen und Schirmen die Einnahmen nicht an, obwohl die Italiener hier zur Reisezeit sehr gerne viel Geld lassen. Allein hier wird geschätzt, dass den Behörden Milliarden durch die Lappen gehen, und das nur in den Sommermonaten.

Nachdem Berlusconi recht lasch mit den Steuerbetrügern umging, hat sein Nachfolger Monti nun einige Schlupflöcher geschlossen, die es in der Gesetzgebung gab. Kein Wunder, dass sich nach der Razzia in dem Skiort jetzt all diejenigen Menschen empören, die jahrelang die Steuern hinterzogen haben. Wörter wie „Polizeistaat“ sind zu hören, und auch die Verfolgung von unbescholtenen Bürgern wird genannt.

Der Generaldirektor der Agentur für Einnahmen, Attilio Befera, verteidigte die Vorgehensweise des Landes, die hier recht rigoros ist. Man wolle die Reichen nicht kriminalisieren, aber dennoch müsse man schlagkräftiger werden im Kampf gegen die ganzen Steuerhinterzieher. Vor allen Dingen sollen recht zweifelhafte Rechnungen kontrolliert werden, beispielsweise für teure Autos oder auch Zahnarztbesuche. Hier komme es recht oft vor, dass die Dienstleister sehr gerne Bargeld annehmen, und in den Rechnungen dann einen erfundenen Betrag angeben.

Nach den Schätzungen, die die Guardia di Finanza anstellt, soll hier jeder fünfte Italiener betrügen beim Einkommen, und zudem werden auch Vermögenswerte und Immobilien unterschlagen. Wenn man alle Ungereimtheiten aufdecken würde, könnte es passieren, dass Italien mehr als 120 Milliarden Euro einnehmen könnte, und das zusätzlich. So hofft zumindest Regierungschef Monti. Die Schulden von Italien schätzt man momentan auf rund 1,9 Billionen Euro. Wenn man diese ganzen Steuertricks unterbinden würde, wäre das Land in der Lage, sich ganz von selbst in den nächsten Jahren zu sanieren.

 

Bildquelle: Rainer Sturm  / pixelio.de

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