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Italienischer Regierungschef kritisiert Sparprogramme

Italien hat einen neuen Ministerpräsidenten, nun wird Enrico Letta die Regierungsgeschäfte leiten. Dieser plant, die Wirtschaftspolitik seines Landes auszurichten auf Wachstum, und das umgehend. Seiner Meinung nach ist Sparen allerdings tödlich, und sogleich kündigte er auch Reformen an.

Gleich in der ersten Regierungserklärung vom neuen Ministerpräsidenten Italiens am Montag teilte dieser mit, dass er der Meinung ist, dass Sparprogramme allein das Land umbringen werden. Es sei nicht möglich, dass eine Politik, die wachstumsorientiert ist, länger warten könne. Unter anderem kündigte Letta in seiner Rede einen Stopp an von der umstrittenen Immobiliensteuer, dies hatte zuvor bereits das Mitte-Links-Bündnis gefordert.

Im Abgeordnetenhaus war am Abend eine Vertrauensabstimmung angesetzt worden, in den nächsten Tagen soll dann auch der Senat folgen. Der neue Ministerpräsident kann zählen auf die Unterstützung von der eigenen Partei, und auch die des Bündnisses von Berlusconi. Dieser gehört selbst dem neuen Kabinett aber nicht an. Am Sonntag erst ist Letta vereidigt worden. Vorher hatte es beinahe zwei Monate lang Streit gegeben bezüglich der Regierungsbildung, nachdem im Februar die Parlamentswahl stattgefunden hatte.

Letta sagte, dass die Lage innerhalb Italiens nach einem ganzen Jahrzehnt an Stagnation weiterhin ernst sei. Gleichzeitig bekannte er sich auch zu den Sparzielen Europas, betonte aber dennoch, dass Europa nun zu einem Motor werden müsse des Wachstums. Im Wochenverlauf werde er Paris, Brüssel und Berlin besuchen. Ziel ist es zu zeigen, dass der Regierung seines Landes eine Wirtschaftsstrategie Europas sehr wichtig sei, die übergreifend ist. Somit nahm Letta die Einladung an von Bundeskanzlerin Merkel, die diese zuvor ausgesprochen hatte. Bereits am Dienstag wurde er erwartet in Berlin.

Weiterhin sagte Letta, dass man ein Sozialsystem brauche, das umfassender sei und sich mehr konzentriere auf die jungen Menschen und die Frauen. Es müsse auch ausgedehnt werden auf all diejenigen, die bisher nicht unter Schutz stünden, ganz besonders nannte er hier die Zeitarbeiter. Auch die Einführung eines Mindestlohns soll in Betracht gezogen werden durch seine Regierung. Man werde, zusammen mit den italienischen Gewerkschaften, nach Möglichkeiten suchen, um die Arbeitslosigkeit im Land zu bekämpfen. Eine Reform soll stattfinden im Bereich der Parteienfinanzierung und beim Wahlsystem. Die erste Maßnahme, die durchgeführt werden soll, betrifft allerdings die Abgeordneten, genauer gesagt deren Gehälter, denn die sollen gekürzt werden. 18 Monate später wolle er dann den Stand überprüfen dieser Reformen. Wenn diese allerdings blockiert würden, werde er hieraus Konsequenzen ziehen.

Es ist vorgesehen, dass die neu gebildete Regierung für fünf Jahre bleiben soll im Amt. Allerdings sind die Beziehungen gespannt zwischen den Mitte-Links-Blöcken und den Mitte-Rechts-Blöcken. Vielen der Demokraten von Letta ist die Vorstellung, mit Berlusconi arbeiten zu müssen, sehr unangenehm. Das ist auch nicht verwunderlich, denn man hatte über zwanzig Jahre lang gegen ihn als ärgsten politischen Feind ankommen müssen. Versöhnlich ist der Tonfall von Berlusconis Bündnis auch nicht gerade. Er sagte im Rahmen eines Interviews von seinem Fernsehsender Canale 5, allerdings vor der Rede von Letta, dass er hoffe, dass die Linke selbstkritischer werde und etwas lernen werde aus der Zusammenarbeit mit der Partei Berlusconis.

Seitens der Bündnisses von Berlusconi wurde einer Umsetzung verlangt seiner Wahlversprechen, ganz besonders geht es hier um die Aufhebung von der Immobiliensteuer, ebenfalls auch um eine Rückzahlung der Gelder, die im letzten Jahr in diesem Rahmen erhoben worden sind. Dies ist allerdings eine Maßnahme, die im Endeffekt ein Loch reißen würde in den Haushalt in Höhe von rund 8 Milliarden Euro. Nun hat Letta erklärt, dass diese Steuer nicht mehr eingezogen werde ab dem Monat Juni diesen Jahres. Zudem sei seinerseits auch eine umfassende Reform geplant.

Die Märkte reagierten natürlich sehr erfreut auf die Nachricht, dass der politische Stillstand in Italien nun endlich ein Ende hat. Gleich konnte die Börse zulegen in Mailand, und direkt nach der Ansprache von Letta lag sie im Plus mit zwei Prozent. Auch am Anleihemarkt musste Italien so wenig Rendite zahlen, wie dies schon seit dem Oktober des Jahres 2010 schon nicht mehr der Fall gewesen ist. Auch wenn derzeit unsicher ist, wie lange diese Koalition überhaupt halten wird, und ob sie etwas erreichen kann, ist zumindest schon einmal ein Anfang gemacht.

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