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Girokonto soll ein Grundrecht sein

In ganz Europa soll es, den Schätzungen nach von Fachleuten in Brüssel, so sein, dass rund 58 Millionen Menschen im Alter von über 15 Jahren kein eigenes Bankkonto besitzen. Dies ist nicht nur häufig der Fall im Osten Europas, sondern auch hierzulande. Allein in Deutschland gibt es geschätzte 670.000 Menschen, denen ein Konto einfach verweigert wird. Betroffen sind häufig Obdachlose oder auch Menschen, deren Einkommen zu gering ist. Dies hat aber oft zur Folge, dass große Kosten auf die Betroffenen zukommen.

Seitens der Kommissare Barnier und Borg wird heute ein EU-Gesetz vorgeschlagen, welches nicht nur dafür sorgen soll, dass die Kontoführungsgebühren insgesamt transparenter werden, auch der Wechsel hin zu einer anderen Bank soll erleichtert werden. Was für viele allerdings viel wichtiger sein wird ist ein anderer Punkt, der ebenfalls festgelegt werden soll in diesem Gesetz, und das ist das Recht auf ein eigenes Girokonto für alle Bürger der EU. Begrüßt wird dieses Vorhaben erwartungsgemäß von den Verbraucherschützern, allerdings sind die Banken gar nicht einverstanden mit diesem Gesetz.

Schon zwei Jahre zuvor hatte es einmal einen kleinen Vorstoß seitens der EU-Kommission gegeben, um dieses Konto für alle Bürger durchzusetzen. Im Rahmen einer Empfehlung hatte die Kommission damals gefordert, und zwar dringend, dass die Mitgliedsstaaten das Recht auf einen Zugang zum bargeldlose Zahlungsverkehr im Gesetz verankern sollen. Allerdings ist bis heute nichts passiert. Johannes Kleis, der Sprecher vom Europäischen Verbraucherverband, sagte, dass diese Gesetzesinitiative „dringend nötig“ sei. Die Verbraucher seien darüber enttäuscht gewesen, dass die Empfehlungen aus dem Jahr 2011 nicht rechtlich bindend gewesen seien.

Vor zwei Jahren hatte es die EU-Kommission zunächst versucht, mit einer Überzeugungstaktik zum Ziel zu kommen, anstatt gleich ein Gesetz zu erlassen. Der Grund dafür ist recht einfach, denn die Kommission bewegt sich in diesem Fall in einer Art von Grauzone ihre Kompetenzen betreffend, denn die Sozialgesetzgebung ist alleinige Rechtszuständigkeit von den Mitgliedsstaaten, und das wird sie auch bleiben. Die Kommission begründet diesen Entwurf so, dass jeder Bürger der EU einen Zugang haben sollte zu allen Kontodienstleistungen, die grundlegend sind, dies garantiere, dass so viele der Verbraucher wie nur irgend möglich profitierten von den Verbesserungen am Binnenmarkt.

In jedem Mitgliedsland der EU soll es ein Minimum von einer Bank geben, die ein Girokonto anbietet mit sehr geringen Gebühren, Bankkarte sowie auch Onlinebanking. Nicht gewähren muss die Bank dagegen einen Überziehungskredit. Im neuen Lissabon-Vertrag ist festgehalten, dass die jeweiligen Parlamente der Mitgliedsstaaten aber auch die Notbremse ziehen könnten, und zwar immer dann, wenn sie der Meinung sind, dass die EU-Kommission die Kompetenzen klar überschreitet. Das Recht auf ein Konto könnte durchaus einen solchen Fall darstellen, und das trotzdem das Ziel durchaus gut ist.

Gut für eine Verbesserung des Wettbewerbs im Binnenmarkt werden sich auf jeden Fall die Kostentransparenz, die grenzüberschreitend sein wird, und der leichtere Wechsel der Bank auswirken. In Zukunft wäre dann jeder Kunde in der Lage zu sehen, welche Gebühren bei seiner Bank fällig werden für eine bestimmte Leistung. Ausreichend wäre dafür dann ein einziges Blatt. Innerhalb eines Staates soll der Wechsel zu einer anderen Bank dann nur noch eine Zeit in Anspruch nehmen von höchstens zwei Wochen. Grenzüberschreitend sind dafür dreißig Tage vorgesehen. Um all den Papierkram, der dabei anfällt, und auch die Umschreibung von bestehenden Daueraufträgen, müsste sich dann die neue Bank kümmern. Fraglich bleibt aber sicherlich, ob dieses neue Gesetz dann auch zu einer Belebung führt des europäischen Finanzgeschäfts.

Dennoch nützen auch die besten EU-Gesetze so rein gar nichts, wenn es immer wieder Mitgliedsländer gibt, die sich vehement weigern, das europäische Recht auch umzusetzen. In Frankreich gibt es beispielsweise noch immer einige Kommunen, deren Stadtwerke darauf bestehen, dass die Gebühren für den Strom abgebucht werden müssen von einem Konto in Frankreich. Auch Internet- und Telefonanbieter wie die France Telecon sehen sich nicht in der Lage dazu, die Gebühren für ihre Leistungen abzubuchen über ein Konto im Ausland. Ein neues Konto im Ausland bekommt man dann sehr schnell, allerdings kann man es nicht nutzen, weil sich verschiedene Unternehmen einfach quer stellen.

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